Abschied

O Täler weit, o Höhen, O schöner, grüner Wald, Du meiner Lust und Wehen Andächt′ger Aufenthalt! Da draußen, stets betrogen, Saust die geschäft′ge Welt, Schlag noch einmal die Bogen Um mich, du grünes Zelt!

Wenn es beginnt zu tagen, Die Erde dampft und blinkt, Die Vögel lustig schlagen, Daß dir dein Herz erklingt: Da mag vergehn, verwehen Das trübe Erdenleid, Da sollst du auferstehen In junger Herrlichkeit!

Da steht im Wald geschrieben, Ein stilles, ernstes Wort Von rechtem Tun und Lieben, Und was des Menschen Hort. Ich habe treu gelesen Die Worte, schlicht und wahr, Und durch mein ganzes Wesen Ward′s unaussprechlich klar.

Bald werd ich dich verlassen, Fremd in der Fremde gehn, Auf buntbewegten Gassen Des Lebens Schauspiel sehn; Und mitten in dem Leben Wird deines Ernsts Gewalt Mich Einsamen erheben, So wird mein Herz nicht alt.

Auf einer Burg

Eingeschlafen auf der Lauer Oben ist der alte Ritter; Drüber gehen Regenschauer, Und der Wald rauscht durch das Gitter. Eingewachsen Bart und Haare, Und versteinert Brust und Krause, Sitzt er viele hundert Jahre Oben in der stillen Klause.

Draußen ist es still und friedlich, Alle sind ins Tal gezogen, Waldesvögel einsam singen In den leeren Fensterbogen.

Eine Hochzeit fährt da unten Auf dem Rhein im Sonnenscheine, Musikanten spielen munter, Und die schöne Braut die weinet.

Das zerbrochene Ringlein

In einem kühlen Grunde Da geht ein Mühlenrad, Mein Liebste ist verschwunden, Die dort gewohnet hat.

Sie hat mir Treu versprochen, Gab mir ein'n Ring dabei, Sie hat die Treu gebrochen, Mein Ringlein sprang entzwei.

Ich möcht als Spielmann reisen Weit in die Welt hinaus, Und singen meine Weisen, Und gehn von Haus zu Haus.

Ich möcht als Reiter fliegen Wohl in die blutge Schlacht, Um stille Feuer liegen Im Feld bei dunkler Nacht.

Hör ich das Mühlrad gehen: Ich weiß nicht, was ich will – Ich möcht am liebsten sterben, Da wärs auf einmal still!

Frische Fahrt

Laue Luft kommt blau geflossen, Frühling, Frühling soll es sein! Waldwärts Hörnerklang geschossen, Mut’ger Augen lichter Schein, Und das Wirren bunt und bunter Wird ein magisch wilder Fluß, In die schöne Welt hinunter Lockt dich dieses Stromes Gruß.

Und ich mag mich nicht bewahren! Weit von Euch treibt mich der Wind, Auf dem Strome will ich fahren, Von dem Glanze selig blind! Tausend Stimmen lockend schlagen, Hoch Aurora flammend weht, Fahre zu! ich mag nicht fragen, Wo die Fahrt zu Ende geht!

Der Abend

Schweigt der Menschen laute Lust: Rauscht die Erde wie in Träumen wunderbar mit allen Bäumen, was dem Herzen kaum bewußt, alte Zeiten, linde Trauer, und es schweifen leise Schauer wetterleuchtend durch die Brust.

Der frohe Wandersmann

Wem Gott will rechte Gunst erweisen, Den schickt er in die weite Welt; Dem will er seine Wunder weisen In Berg und Wald und Strom und Feld.

Die Trägen, die zu Hause liegen, Erquicket nicht das Morgenrot, Sie wissen nur von Kinderwiegen, Von Sorgen, Last und Not um Brot.

Die Bächlein von den Bergen springen, Die Lerchen schwirren hoch vor Lust, Was sollt ich nicht mit ihnen singen Aus voller Kehl und frischer Brust?

Den lieben Gott lass ich nur walten; Der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld Und Erd und Himmel will erhalten, Hat auch mein Sach aufs best bestellt!

Heimweh

Wer in die Fremde will wandern, Der muß mit der Liebsten gehn, Es jubeln und lassen die andern Den Fremden alleine stehn.

Was wisset ihr, dunkele Wipfel, Von der alten, schönen Zeit? Ach, die Heimat hinter den Gipfeln, Wie liegt sie von hier so weit!

Am liebsten betracht ich die Sterne, Die schienen, wie ich ging zu ihr, Die Nachtigall hör ich so gerne, Sie sang vor der Liebsten Tür.

Der Morgen, das ist meine Freude! Da steig ich in stiller Stund Auf den höchsten Berg in die Weite, Grüß dich, Deutschland, aus Herzensgrund!

Der Soldat

Und wenn es einst dunkelt, Der Erd’ bin ich satt, Durchs Abendrot funkelt Eine prächt’ge Stadt:

Von den goldenen Türmen Singet der Chor, Wir aber stürmen Das himmlische Tor.

Mondnacht

Es war, als hätt’ der Himmel Die Erde still geküßt, Daß sie im Blütenschimmer Von ihm nun träumen müßt’.

Die Luft ging durch die Felder, Die Ähren wogten sacht, Es rauschten leis’ die Wälder, So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus.

Der verspätete Wanderer

Wo aber werd ich sein im künftgen Lenze? So frug ich sonst wohl, wenn beim Hüteschwingen Ins Tal wir ließen unser Lied erklingen, Denn jeder Wipfel bot mir frische Kränze. Ich wußte nur, daß rings der Frühling glänze, Daß nach dem Meer die Ströme leuchtend gingen, Vom fernen Wunderland die Vögel singen, Da hatt das Morgenrot noch keine Grenze.

Jetzt aber wirds schon Abend, alle Lieben Sind wandermüde längst zurückgeblieben, Die Nachtluft rauscht durch meine welken Kränze,

Und heimwärts rufen mich die Abendglocken, Und in der Einsamkeit frag ich erschrocken: Wo werde ich wohl sein im künftgen Lenze?

Eichendorff Joseph von

  • Дата рождения: 10 мар 1788
  • Дата смерти: 26 ноя 1857 (69 лет)
  • Произведений в базе: 10

Joseph von Eichendorff war ein bedeutender deutscher Dichter und Schriftsteller der Romantik. Er ist vor allem für seine lyrischen Werke bekannt, die sich durch eine tiefe Liebe zur Natur, eine Sehnsucht nach Freiheit und eine romantische Verklärung der Vergangenheit auszeichnen. Eichendorffs Gedichte, oft vertont, gehören zu den beliebtesten der deutschen Literatur. Seine Prosa zeichnet sich durch eine leichte, musikalische Sprache aus und als Prosadichter ist er bis heute gegenwärtig.